Er war sauer und das zurecht. Wieder hatte ihn der Trainer nicht berücksicht, obwohl sich seine Trainingsleistungen aus Sicht vieler deutlich verbessert hatten. Auch aus Sicht des Trainers, wie dieser später zugab: „Horn hat einen Schritt nach vorne gemacht, war engagierter im Training. Ich konnte seine Enttäuschung völlig nachvollziehen.“ Schön, wird sich Daniel Hornbruch gedacht haben, davon kann ich mir auch nichts kaufen.
„Zur Halbzeit kommst du rein“
Nun gibt es Spieler, die sich nach einer wiederholten Nicht-Nominierung auf die Bank setzen und schmollen, die Gott und den Trainer verfluchen, die einfach bockig sind. Auch Daniel Hornbruch hat diese Phase durchlebt. Und auch dieses Mal erweckte es den Anschein, als würde er in dieses alte Muster zurückfallen. Doch irgendwie loderte da etwas in ihm, das sah man selbst von der anderen Seite des Spielfelds. Hornbruch schmollte nicht, er lauerte.
Denn der Trainer hatte ihm das Versprechen gegeben: „Zur Halbzeit kommst du rein.“ Und auch, wenn dieses Versprechen zunächst nicht mehr als eine Vertröstung zu sein schien: Hornbruch sah seine Chance. Der Mann mit den langen Beinen betrat das Spielfeld deutlich früher als 16 Uhr – der Schiedsrichter hielt nichts von einer ausgedehnten Halbzeitpause.
Dann mach ich es halt selbst
Als die zweite Hälfte startete, war es zunächst ein ungewohntes Gefühl für den Rechtsfuß, das war ihm anzusehen. Sonst hatte er häufig die weiße Kreidelinie auf der rechten Seite, an der er sich orientieren konnte. Doch im neuen System, dem Tannenbaum, war er einer der oberen Zweige, mit deutlicher Entfernung zur Außenbahn. Es dauerte ein paar Minuten, bis sich Hornbruch da in der Mitte wohlfühlte. Immer wieder tauchte er außen auf, einmal über links, als er mit riesigen Schritten seinen Gegenspieler überrannte, diese Aktion aber (noch) nicht mit einem Torerfolg krönte. Einmal über rechts, als er in alter Manier die Flanke in die Mitte brachte, dort aber niemand etwas mit dem Ball anfangen konnte.
Also, dachte er sich wahrscheinlich, mach ich es halt selbst. So gut diese Schwerter Mannschaft funktioniert, kein Team der Welt kann ohne herausragende Einzelkönner dauerhaft erfolgreich sein. Hornbruch ist so ein Einzelkönner. Den Ball kurz mit rechts angenommen, ein paar Meter getragen, leicht vorgelegt und dann mit einer Eleganz in den Winkel gehämmert, die Thomas Hitzlsperger einmal zu „The Hammer“ werden ließ und Steven Gerrard bei Liverpool zum Champions-League-Sieger.
Bockiges Genie
Der Jubel: Fiel klein aus. Zu tief saß der Stachel von vor dem Spiel. Hornbruch drehte kurz ab und ging dann in seinem unnachahmlichen, ein bisschen nach bockigem Genie, ein bisschen nach wuchtiger Dampframme aussehenden Gang zurück in die eigene Hälte. Davon, wird er sich gedacht haben, könnt ihr mehr haben.
Am Ende gewannen die Holzpfosten die Partie mit 3:0, Hornbruchs Treffer hatte den Riegel der Hemeraner durchbrochen. Und ganz hinten, im Tor, das der Trainer hütete, setzte sich die Erkenntnis durch, dass Daniel Hornbruch – in dieser Form – auf der Bank nichts zu suchen hat.