Es ist Nacht in Berlin. Die Brandenburgische Straße in Wilmersdorf ist dennoch hell erleuchtet. Hier, unweit des Kudamms, ist die Straße vierspurig. Zwei in die eine, zwei in die andere Richtung. Zusätzlich gibt es Parkbuchten, damit die Berliner ihre Autos hier auch irgendwo abstellen können.
Zu ihnen gehört auch Patrick Ebert. Irgendwo in der Nähe wohnt der Bundesliga-Profi von Hertha BSC, der auch U21-Nationalspieler ist, Schirmherr des Kids-Clubs seines Vereins und vor allem: junger Erwachsener.
Am 17. März, einem Dienstag, feiert Ebert seinen 22. Geburtstag, ob in großem oder kleinem Kreis ist nicht überliefert. Sicher scheint jedoch, dass es ein Wiedersehen von Teilen der alten Clique von damals gab. Kevin-Prince Boateng ist mal wieder in der Stadt, der auch erst 11 Tage zuvor das gleiche Jubiläum vollzogen hatte. Boateng spielt derzeit in Dortmund, ist aber verletzt, und kann sich den Trip nach Berlin deshalb wohl auch erlauben. Ebert kann es eigentlich nicht. Morgens um 10 Uhr wird er auf dem Trainingsplatz erwartet.
Die jungen Männer feiern, Alkohol wird geflossen sein und irgendwann, so gegen 3 Uhr, entscheiden sich das Geburtstagskind und sein Kumpel aus alten Zeiten zu gehen. Ob aus einer Disco (vielleicht dem Exxell, was aber eher nicht die Musik der Jungs sein wird) nach Hause, ob von seiner Wohnung zu einer Tankstelle oder nur, um mal eben eine zu rauchen – wer weiß das schon, außer den beiden. Jedenfalls schlenderten die beiden über die Brandenburgische Straße, vorbei an den parkenden Autos und…
Was dann geschah, wurde laut Berliner Morgenpost von einem Mitarbeiter des Zentralen Objektschutzes (ZOS) beobachtet. Angeblich sollen die beiden Autos zerkratzt und Rückspiegel abgetreten haben. Letzteres kann dann eigentlich auch nur Ebert gewesen sein, da Boateng mit einem Teilriss im Sehnenansatz und der Gelenkkapsel im rechten Knie ein wenig gehandicapt sein dürfte. Jedenfalls wurde die Polizei alarmiert, die Personalien der beiden aufgenommen und sie dann wieder entlassen. Vermutlich ziemlich schlecht gelaunt.
Heute beim Training hat sich Ebert erwartungsgemäß nicht zu dem Vorfall geäußert. Hertha will die Angelegenheit nachvollziehbarer Weise möglichst schnell klären. Konsequenzen für Ebert sind wohl zu erwarten. Boateng war in Dortmund heute nicht zu sehen.
Nun darf man das Ganze natürlich nicht dramatisieren. Dass die beiden zu einer neuen Generation von jungen Erwachsenen zählen, die gerne mal ihre Grenzen austestet, ist nichts Neues. Dass diese Grenzen bei Vandalismus nicht halt machen – vor allem bei Jung-Profis, die sich über Geld keine Sorgen machen müssen – auch nicht. Dass Ebert aber wirklich so fahrlässig ist und sich nach seiner Promille-Fahrt im August vorletzten Jahres erneut etwas zu Schulden kommen lässt, schon eher. Eigentlich hatte man gedacht, der Junge wäre auf vernünftigem Boden angekommen. Das Gleiche dachte ich eigentlich auch über Kevin Boateng, oder hatte es zumindest gehofft.
Nun erfüllen die beiden wieder alle Klischees, die pauschal über sie geäußert wurden. Man muss wohl damit leben. Als Konsequenz für die Fußball-Vereine dieser Welt kann es einfach nur heißen, keine dieser früher mal als „Ghetto-Boys“ titulierten Spieler, zusammen in einem Verein spielen zu lassen. Zurzeit ist das mit Kevin in Dortmund, Ebert in Berlin, Jerome Boateng in Hamburg und Ashkan Dejagah in Wolfsburg ganz gut verteilt.
Konsequenzen bei Hertha sehe ich jedenfalls. Ebert wird in die Tasche greifen müssen, für das nächste Spiel suspendiert werden und der Kids Club muss sich dann wohl auch einen neuen Schirmherren suchen.
Schade eigentlich…
Update 2: Ich gebe zu, ich war vorhin ziemlich genervt und habe deshalb auch einen sehr vorverurteilenden Artikel geschrieben. Eben hat Hertha eine offizielle Mitteilung rausgegeben, wonach Ebert zwar zugibt, von der Polizei angehalten worden zu sein, nachdem er auf (s)einer Geburtstagsfeier war, nicht jedoch, dass er und Boateng die Sachbeschädigung begangen haben.
Solange es also keine Beweise gibt, sollte die Unschuldsvermutung gelten, auch wenn es (mir und Enno) schwerfällt.
Ebert wird eine Geldstrafe erhalten. Von einer „Suspendierung“ (MoPo) ist in der Hertha-Mitteilung nicht mehr die Rede.
to be continued…
Update 3: So, ich weiß nicht, was Lucien Favre geträumt hat, aber nachdem er eine Nacht drüber geschlafen hat, hat er Ebert heute laut Bild bis auf Weiteres zu den Amateuren geschickt. Die können die Hilfe gut gebrauchen. Und Ebert rafft es jetzt hoffentlich, dass er bei seinem Verdienst und seinem Standing in der Öffentlichkeit entweder so feiern muss, dass es niemand mitbekommt, nur in Nächten feiern geht, auf die kein Trainingstag folgt oder die nächtlichen Sauftouren eben auf die Zeit nach seiner Karriere verschiebt. Ein schweres Los, ich weiß…