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Ein Brief an Rolf Königs

11. Februar 2009

Kabinenpredigt.de.vu ist der Brief zugespielt worden, den die Gladbacher Mannschaft im Wintertrainingslager an Borussia-Chef Rolf Königs übergeben hat, um sich über Trainer Hans Meyer zu beschweren (Vorsicht: Es könnte sich um eine Satire handeln…)

„Lieber Herr Königs,

wir schreiben Ihnen diesen Brief, weil wir der Meinung sind, dass die derzeitige Situation nicht mehr haltbar ist. Hans Meyer ist ein ganz gemeiner Mensch, der nichtmal davor zurückschreckt, einen Nationalspieler auf die Bank zu setzen, der erst 19 Jahre alt ist. Überlegen Sie sich das mal! Der Marko muss jedes Mal nach dem Training in der Kabine getröstet werden, weil der Trainer ihn nicht ein einziges Mal nach einem Tor gestreichelt oder nach einem dreifachen Übersteiger anderweitig liebkost hat. Das hat nämlich der Jos Luhukay und danach auch der Christian Ziege immer getan, die waren aber ohnehin viel bessere Trainer als Hans Meyer.

Als Herr Meyer in Gladbach angefangen hat, gewannen wir gleich mit 1:0 gegen den Karlsruher SC. Doch statt uns für unser tolles Spiel zu loben [Statistik: 12:17 Torschüsse, 3:12 Eckbälle und 46 Prozent Ballbesitz. Anm. d. Red.] sprach er von Glück und verbot uns sogar ein zweites Bier im Clubhaus. Das hat uns gar nicht gefallen und war auch der Grund, warum wir die folgenden beiden Spiele in Wolfsburg und Frankfurt verloren. In der Woche danach fiel dem Marko dann allerdings ein, dass bald das Länderspiel gegen England anstand, weshalb er das Spiel gegen Bielefeld unbedingt gewinnen wollte, damit er auf jeden Fall dabei sein würde. Er bot allen das neue Userfile für Pro Evolution Soccer (die Borussia-Edition) und außerdem eine Wagenladung Pattex SekundenALLESkleber Ultra Gel an, damit wir uns dafür aufrafften. Wir taten es und gewannen ja auch. Weil das Userfile allerdings unrealistisch war (Marko hatte sich selber viel zu stark gemacht) und die Pattex-Ladungen auch auf sich warten ließen, war die Stimmung danach noch weiter im Keller als vorher. Wir verloren alle weiteren Spiele.

Anschließend folgte die Winterpause, wir – die Mannschaft – trafen uns regelmäßig im Nightparc, um uns über die aktuelle Situation auszutauschen. Dort kamen wir auch nach einer langen Nacht der Gespräche zu dem Entschluss für diesen Brief. Vorausgegangen war außerdem ein Anruf von Herrn Meyer bei Marko auf dem Handy mitten in der Nacht. Als Marko dranging und fragte, ob Herr Meyer wisse, wie spät es sei, antwortete dieser dreist: „Ja, halb Drei und im Gegensatz zu dir, weiß ich auch noch WO ich bin!“ Marko hat mir das erzählt, kurz nachdem ich ihn am nächsten Morgen von der Polizeiwache abgeholt hatte. Die haben aber versprochen, nichts der BILD zu stecken. Jedenfalls war Marko wirklich sauer und hat per StudiVZ eine Rundmail an alle geschrieben, die dort einen Account haben (auch dem Oli, der da als Oliver N. eingeschrieben ist). Und als viele mit einem zustimmenden Gruscheln den Brief absegneten, entschlossen wir uns, diesen Brief zu verfassen.

Wir haben folgende Forderungen:

1. Hans Meyer darf keine unangekündigten Linienläufe mehr von uns verlangen. Der Alexander musste sich neulich übergeben und hat anschließend so sehr geweint, dass er sich nun ernsthaft überlegt in München zu unterschreiben.

2. Hans Meyer darf das Nachmittagstraining nicht mehr länger als bis 17.30 Uhr ausdehnen, weil Marko sonst die Sesamstraße verpasst.

3. Hans Meyer muss alle Handynummern zurückgeben und darf uns nicht mehr außerhalb der Arbeitszeiten anrufen. Es ist ihm auch nicht erlaubt, uns ein zweites Bier am Abend zu untersagen.

4. Bevor Hans Meyer einen Spieler der ersten Elf auswechselt, muss er ihn fragen, ob er damit einverstanden ist. Ist er das nicht, darf er eine Verletzung simulieren, damit sein Status in der Presse nicht leidet.

5. Bevor Hans Meyer mit der Presse redet, muss er der Mannschaft sagen, wen er kritisieren wird, damit die genannten Spieler durch die Hintertür der Geschäftsstelle verschwinden können. Kritik muss dabei angemeldet werden.

Wenn diese Forderungen erfüllt werden, sehen wir keine Probleme den Klassenerhalt zu schaffen. Ansonsten sehen wir uns gezwungen, den Verein absteigen zu lassen und uns danach an den MSV Duisburg oder Arminia Bielefeld verscherbeln zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Filip Daems (Kapitän)“

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Ein neues Gefühl

14. Januar 2009

Der BVB und ich – das hat hier nie so richtig geklappt. Ich wurde bepöbelt und habe einen Schlag abbekommen, weil ich mit einem Hertha-Trikot vom Fanblock zum Bus laufen wollte. Einem Freund von mir wurde der Schal „abgezogen“ und nur nach Intervention einer weiblichen Person wieder herausgegeben. Und außerdem hat Hertha – seit ich hier bin – noch nicht in Dortmund gewonnen. Letzteres wäre nicht mal so gravierend, wenn die Mannschaft von Lucien Favre regelmäßig unterlegen gewesen wäre. Aber das war sie ja nicht.

Ich hatte diese Abneigung gegen den BVB nicht immer. Als die Borussia Mitte der 90er Jahre zweimal Deutscher Meister wurde und die Champions League gewann, Lars Ricken regelmäßig auf den Postern der BravoSport auftauchte und all die Bayern-Fans um mich herum regelmäßig eins auf den Sack bekamen, da hatte ich sogar Trikot, Schal und Bettwäsche in schwarz-gelb. Das werden eingefleischte Fans nicht verstehen können, allerdings hat mein wirkliches Fußball-Bewusstsein erst eher spät eingesetzt – allerdings immer noch rechtzeitig um behaupten zu können, ich wäre nicht erst seit dem Aufstieg von Hertha 1997 Fan des Klubs. Ich war es bereits ein Jahr zuvor und zwar ziemlich genau vor dem ganzen Aufstiegshype. Man kann also sagen, ich habe meinen Anteil an der rasanten Entwicklung von Hertha 😉

Man muss das alles wissen, um mein gespaltenes Verhätlnis zum BVB zu verstehen. Ich mochte diesen Klub ja mal. Doch als ich hier ankam war ich eingefleischter Herthaner und obwohl ich es manchmal ernsthaft versuchte, konnte ich für den Verein, der in der Stadt in der ich lebe das Gesprächsthema Nummer Eins ist, einfach keine Sympathien empfinden. Das änderte sich auch nicht, als Jürgen Klopp hier unterschrieb. Die Arbeit des ehemaligen Fernseh-Bundestrainers schätze ich zwar, an meiner Abneigung für den BVB konnte aber auch er nicht rütteln.

Und jetzt holt dieser Klub Kevin-Prince Boateng. Einen Berliner. Vielmehr: Einen großartigen Fußballer, der aus Berlin kommt.

Kevin-Prince Boateng ist einer dieser – gerade durch Lothar Matthäus in Abrede gestellten – individuellen Typen wie Christiano Ronaldo oder Lionel Messi. Dass der Vergleich hinkt, daran ist Boateng selbst schuld. Er hat die Anlagen, ist einer dieser verrückten Instinktfußballer, quasi das komplette Gegenteil eines Arne Friedrich. Boateng kann ein Spiel alleine entscheiden, mit einer genialen Aktion, mit einer Idee, die nur er hat. Man muss ihn nur lassen. Die englische Liga kam für einen wie ihn wohl noch etwas zu früh oder besser: Tottenham war in der schwierigen Phase dieses Klubs nicht bereit für einen wie ihn. Denn einer wie er, jung und gewitzt, macht auch Fehler und die werden in den unteren Tabellenregionen – in denen sich Tottenham aufhält – bitter bestraft. Sooft wie Lio Messi im Dribbling den Ball verliert, könnte eine abstiegsgefährdete Mannschaft ihn gar nicht zurückgewinnen. Bei Barcelona ist das möglich, die starke Defensive ermöglicht ihm seine Geniestreiche.

Beim BVB steht die Defensive auch, Geniestreiche von Boateng zu erwarten, wäre zu diesem Zeitpunkt allerdings vermessen. Er kommt als Ergänzungsspieler. Nicht mehr und nicht weniger. Aber er hat – ich wiederhole mich – das Zeug zum Stammspieler beim BVB. Ich will ihn nicht in den Himmel loben, das hat ihm noch nie gut getan, aber der Name Boateng in Verbindung mit diesem Ruhrpott-„Käwinn“ und diesem „Prince“, dem Sohn eines Königs, das verheißt nicht nur phonetisch einiges. Das Problem war ja auch nie sein Fußball-Spiel, sondern stets nur sein Umfeld, in dem es immer wichtiger war „cool“ zu sein und sich mit den anderen (Trainern) anzulegen, statt einfach mal den Mund zu halten und besser zu trainieren.

In England hat er das nun hoffentlich gelernt, auch wenn die geringe Anzahl seiner Einsätze in der ersten Mannschaft und die Fehler, die er gemacht hat, nicht gerade dafür sprechen. Mut macht der Berater-Wechsel, dem er sich unterzogen hat. Weg von Karel van Burik, dem Vater des bei Hertha in Ungnade gefallenen Ex-Kapitäns Dick, hin zu Jörg Neubauer, der in seinem Portfolio schon ehemalige „Problemfälle“ wie Ashkan Dejagah, aber auch Musterprofis wie Rene Adler oder den schon angesprochenen Arne Friedrich hat. Neubauer ist seriös – was ich van Burik nicht in Abrede stellen will. Dennoch hat der Wechsel zu Tottenham im Nachhinein nur dem Berater und Hertha BSC geholfen, das für einen 20-Jährigen knapp acht Millionen Euro überwiesen bekam. Neubauer wird seinen Schützling nun ganz genau beobachten, er weiß, dass er einen Rohdiamanten vor sich hat. Schleifen muss diesen zunächst einmal Dortmund-Coach Jürgen Klopp, der sich aber mit widerwilligen und schwierigen Karätern auskennt.

Boateng hat es jetzt in der Hand. Klopp wird ihm keinen Teppich ausbreiten und ihm nächtliche Touren durch die Nightrooms oder das Village durchgehen lassen. Ic hoffe aber einfach, dass er da zumindest in diesem Halbjahr erst einmal überhaupt nicht auftaucht. Ich wünsche es diesem Ausnahmefußballer, dass er endlich den Durchbruch schafft. Boateng ist mein Bindeglied zu Borussia Dortmund. In Zukunft wünsche ich dem Klub, vor allem aber Boateng, nur das Beste. Solange Hertha vorne bleibt – versteht sich von selbst.